Das alte Jahr

Ich hör ein müdes, leises Seufzen -
ihm lauschend bleib gespannt ich stehn,
seh hell und dunkel, fahl und bunt
gebeugt das Jahr von dannen gehn.
 
Und sinnend halte ich noch Rast,
denk an sein Wirken kurz zurück,
so viel‘ Nuancen brachte es -
Freud‘, Schmerzen, Kummer, Glück.
 
Ganz still schau ich ihm lange nach,
nehm meine Andacht hier allein,
bin dankbar für gelebte Zeit
stell auf das Neue Jahr mich ein,
 
weiß, dass es nicht nur Freude bringt,
seh‘ auch das Leid in aller Welt,
verbeuge mich vor jeder Hand,
die tröstend eine andere hält.
 
Laut wird begrüßt das junge Jahr,
das strahlend einzieht, Hoffnung schenkt,
doch Freude, Glück und Sonnenzeit
gibt der, der unser Leben lenkt.

FloravonBistram



 
Weihnachtswunsch


Wir singen von stiller und heiliger Nacht,
und während wir feiern, doch manch einer wacht :
die Mutter, die bangt um ihr sterbendes Kind,
der Nachtwanderer in dem eisigen Wind,

die Frau tief im Elend mit volltrunk‘nem Mann,
der Kranke, der möchte, doch nicht sterben kann,
der Arzt, tief gebeugt über‘m Unfallpatient,
die Schwester, die auf jedes Klingeln hin rennt,

der Mensch auf der Wache im Feuerwehrhaus,
die Hüter des Rechts in Chaos und Staus,
ein einsamer Mensch, ohne Hoffnung und Geld,
Millionen von Hungernden auf dieser Welt,

die Menschen, den‘ Kriege alles genommen,
dann jene, die niemals wiedergekommen,
geraubt und geschändet, gefangen, gequält,
weil anderen Orts nicht die Menschlichkeit zählt.

Mein Wunsch, dass ein Jeder, der froh feiern kann
nur eine Minute mag denken daran.
 
Flora von Bistram


 


Weihnachten für Alle?

Singt man nicht Stille und Heilige Nacht,
die Nacht, die laut Bibel den Frieden uns schenkt?
Hat sie die Welt wirklich besser gemacht,
Geschicke der Menschen ganz anders gelenkt?
Zeigt mir die Weihnacht, die nur Ruhe gebracht,
ohne dem Kaufrausch den Raum zu gewähren,
die, die stetig an Jene gedacht,
die sich vor Hunger und Ängsten verzehren,
nach Frieden, der allen die Menschen bewahrt,
die dem  Herzen so nah und durch Kriege  zerstört,
der  die Kraft aus der Stille auch dort offenbart,
wo  man selten das Lachen der Kinder gehört.
Reicht euch die Hände, geht aufeinander zu,
das eigene Ich soll nicht vorne steh‘n
wir sind gefordert, ich und auch du,
nur so kann in Frieden die Menschheit bestehn.

FloravonBistram







  

Wir denken heute voller Trauer an die Menschen,
die Weihnachten nicht mehr
im Kreise ihrer Lieben feiern können,
an die Opfer von Gewalt und Willkür,
Naturkatastrophen und Kriegen.

Voller Dankbarkeit schlagen die Herzen in unserer Familie,
denn unser Sohn, Bruder, Onkel, Neffe
kam aus Afghanistan körperlich unversehrt zurück,
was vielen seiner Kameraden nicht vergönnt war.



Die Zeit der Stille



und der Lichter des Gedenkens
an eine Zeit, die so lange zurückliegt.




Advent
Adventus Domini, Ankunft des Herrn


Doch auch für Menschen,
die nicht gläubig sind,
ist es, bedingt durch das Ruhen der Natur


die Zeit der Stille,
die Zeit der Zauber,
der Kindheitserinnerungen



Einen frohen 1. Advent wünscht Flo

Erinnerungen





Die alten Blätter rascheln mürb in meinen Händen,
wenn  ich sie sorgsam als Geschichtsbild niederleg,
sortiere, lese, staune über ihr Verwenden
in einer  längst vergang‘nen Zeit und ich entschweb

in fremde Räume, Städte und auch in Gedanken,
der Menschen, deren Briefe ich gespannt nun las
und leise öffnen sich mir die Jahrhundertschranken.
So Vieles find ich, das man lange schon vergaß.

Von Liebe, Freunden und von Krieg, der Angst entfesselt,
der vielen Menschen nimmt der Heimat Lebensort.
Sie flüchten laufend, fahrend - eh sie eingekesselt.
Der Sehnsucht Lieder tragen sie im Herzen  fort.

Ganz liebevoll umfange ich die Post der Ahnen,
behutsam glättend streicht  noch einmal meine Hand
die knitterigen  und schon sehr vergilbten Bahnen,
auf deren Spur ich die Vergangenheiten fand.


FloravonBistram






Zum 80. Geburtstag für Oma
Wenn du jung bist, merkst Du's nicht,
alles ist dir selbstverständlich.
Leben scheint im Morgenlicht
unzerstörbar, ganz unendlich.

Lebst von Tag zu Tag und ahnst
manchmal auch des Schicksals Schwere,
doch du hoffst trotzdem und planst,
als ob‘s Leben ewig währe.

Und auf einmal merkst du schwer,
dass die Jahre rascher schwinden;
alles ändert sich umher,
lässt sich nicht mehr an dich binden.

Wenn das Alter dich befällt,
kommen andere Gedanken,
denn Gesundheit in der Welt
wird geschätzt erst von den Kranken.

Dann merkst du auf jeden Fall,
dass dein Ich wird nebensächlich
und im großen Weltenall
unbedeutend, klein und schwächlich.

Große Güte hält dich fest,
was gewesen, wird verständlich,
jeder Zweifel dich verlässt,
inn'res Leben wird unendlich.

Und du fühlst dich glücklich doch,
kannst ja hoffen, glauben, lieben.
Denn Du bist trotz Alter noch
in der Seele jung geblieben.

floravonbistram 1975


Meine schönste Erinnerung ist das liebevolle „Lass sie doch!“  

Opa Willi war eigentlich mein Stiefopa, aber das wusste ich damals noch nicht. Er lächelte immer so herzlich, ich habe seine funkelnden Augen heute noch  in Erinnerung.
Ich muss erst zwischen 2 und 3 Jahren gewesen sein, als wir bei den Großeltern am Tisch saßen. Und doch erinnere ich mich.
Auf dem Tisch prangte das Wurstbrett, ja prangte für mich, denn in der Erinnerung ist es immer noch  riesengroß im Gegensatz zu dem heimischen Tisch, der immer sehr karg bestückt war.
Urgroßmutter war Hebamme und wurde oft in Lebensmitteln entlohnt, Opa Willi war Bahnpolizist und Oma Helene hatte eine kleine Konfiserie in Siegen und ich wurde mal wieder als Besuchskind verwöhnt.
Ganz langsam  näherte sich meine Hand der großen Blutwurst, die mich mit langem Band anlachte. Vorsichtig packte ich das Ende des Bandes und zog, langsam und – wie mir erzählt wurde - mit der Zungenspitze immer über die Lippen fahrend.
Als ich endlich die Wurst mit beiden Händen packen konnte, sie selig zum Mund führte, um herzhaft hinein zu beißen, stoppte mich die Oma, doch Opa sagte gütig lächelnd: “Lass sie doch!“
Dieses Gesicht, dieser Satz begleiten mich. Er starb 2 Jahre später bei einem Bahnunfall und hinterließ eine riesige Lücke in meinem Herzen und ich hatte mitunter, wenn ich meinen Kindern etwas versagen wollte, das Gefühl, er steht vor mir, lächelt mich an und sagt: “Lass sie doch“.




Herz - Wege




Herzwege

Der Herbst zeichnet ein Herz 
auf meinen Weg
und bestreut ihn
 mit den Herzen der Bäume
Herzblätter - Herbst





...und die Farben des Himmels
zaubern Scherenschnitte der Landschaft



Drei Birken





Stehen dort am Bach drei Birken
leuchten hell im Sonnenschein
wiegen sich in Windes Wirken
laden zum Verweilen ein.

Spenden Schatten, fächeln Kühle,
wispern dich in sanfte Ruh,
fernes Klappern von der Mühle
gibt den leisen Takt dazu.

Die Libellen, goldbuntfunkelnd,
fliegen ihren Hochzeitstanz.
Wassertropfen in der Sonne-
Regenbogen – Wellentanz.

Sanft erklingen Hoffnungsweisen
froh gestimmter Vogelschar,
die des Schöpfers Wunder preisen,
das was kommt, was ist und war.


Floravonbistram 1989

(aus meinem Buch Licht und Schatten von 1997)

 







In alten Schriften Vergangenheit lesen





Die alten Blätter rascheln mürb in meinen Händen,
wenn  ich sie sorgsam als Geschichtsbild niederleg,
sortiere, lese, staune über ihr Verwenden
in einer  längst vergang‘nen Zeit und ich entschweb

in fremde Räume, Städte und auch in Gedanken,
der Menschen, deren Briefe ich gespannt nun las
und leise öffnen sich mir die Jahrhundertschranken.
So Vieles find ich, das man lange schon vergaß.

Von Liebe, Freunden und von Krieg, der Angst entfesselt,
der vielen Menschen nimmt der Heimat Lebensort.
Sie flüchten laufend, fahrend - eh sie eingekesselt.
Der Sehnsucht Lieder tragen sie im Herzen  fort.

Ganz liebevoll umfange ich die Post der Ahnen,
behutsam glättend streicht  noch einmal meine Hand
die knitterigen  und schon sehr vergilbten Bahnen,
auf deren Spur ich die Vergangenheiten fand.


FloravonBistram